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Workspace für Geflüchtete: diese Initiative verspricht Hilfe und vermittelt Büroflächen

Erst mal vor der unmittelbaren Gefahr fliehen, erst mal eine provisorische Unterkunft in einem fremden Land finden, erst mal das Nötigste zusammenhalten. So dürfte die Lebensrealität vieler Geflüchteter dieser Tage aussehen. Über 12.000 ukrainische Geflüchtete werden der Stadt München nach dem aktuellen Stand (18. März) vom Freistaat Bayern zugeteilt – inoffiziell rechnet man bereits mit mehr. Städtische Gebäude wie etwa das Luisengymnsium und die Messe in Riem wurden daher kurzerhand umfunktioniert zu Feldbettlagern, um der akuten Notsituation zu begegnen. Während Hilfsorganisationen aktuell über Personalmangel klagen und leerstehende Hotels gerade als mögliche temporäre Unterkünfte vorgeschlagen werden (vergleiche unser Artikel hier), zeigt sich noch ein weiteres Problem: Geflüchtete haben oft nicht nur Land und Obdach hinter sich gelassen, sondern in vielen Fällen auch ihren Arbeitsplatz oder ihr Home Office.

Co-Working-Space-Betreiber schließen sich zusammen

Leib und Leben in Sicherheit zu bringen ist erst mal das Wichtigste, soviel ist klar. Gerade, wenn nur ein Elternteil fliehen konnte, steht außerdem die Betreuung der eigenen Kinder an erster Stelle. Aber jetzt wird es auch unter den Geflüchteten einen Bedarf an Arbeitsflächen und Büroplätzen geben, glaubt Rebecca Schneider von ShareYourSpace. ShareYourSpace, das ist eine Art Airbnb für Workspaces für die alleinige Nutzung oder Coworking, wie der Plattform-Betreiber selber sagt. Kein Zufall also, dass dieses Problem hier erkannt wurde. Büromieten sind teuer und bis Geflüchtete in umfängliche Arbeitsverhältnisse starten, könnte das noch eine Zeit dauern.

Wenn Geflüchtete nun aber Remote Arbeiten wollen, weil sie zum Beispiel in der IT-Branche tätig sind, und ihre Arbeit grundsätzlich auch hier wieder aufnehmen können, oder wenn Personen administrative Arbeiten verrichten müssen oder Bewerbungen schreiben wollen, dann gestaltet sich das von der Gruppenunterkunft aus schwierig. Ein weiteres Problem: Die ukrainische Währung Hrywnja ist momentan quasi wertlos und wird nicht von deutschen Banken angenommen oder in EUR umgetauscht. So können sich viele Personen mit Bedarf also auch nicht in Working Spaces einbuchen, da sie hier erst einmal mit einem geringen Sozialhilfebudget leben.

Co-Working Flächen für Geflüchtete mit Bedarf werden gesucht – hier im Bild: MUCBOOK Zwischennutzung Breakout (©Mucbook}

Aufruf unter dem Motto #workspacesforukrainians

„Viele Geflüchtete haben keine oder nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, in einer adäquaten Büroumgebung remote zu arbeiten“, heißt es auf einem Kampagnenzettel, der nun unter dem Motto #workspacesforukrainians unter Co-Working-Space-Betreiber*innen die Runde macht. Die Aktion ruft Anbieter*innen von gemeinsamen Büroflächen dazu auf, auf Pro Bono Basis (also ohne Kosten in Rechnung zu stellen) Arbeitsplätze für bedürftige Geflüchtete zur Verfügung zu stellen. Zum Beispiel aus dem Kontingent, das ohnehin nicht gebucht ist.

Mit einigem Erfolg bisher: Acht Co-Working-Space Anbieter machen bereits mit. ShareYourSpace will dabei langfristig die Vermittlerrolle zwischen dem Angebot der teilnehmenden Unternehmen sowie der Nachfrage einnehmen. Eine Landingpage im Internet – auf der Geflüchtete einen Workspace anfragen können – wird gerade vorbereitet, erklärt uns Rebecca Schneider. Dann wird ShareYourSpace diese Anfragen bearbeiten und sie mit den möglichen freien Plätzen aus ihrem Netzwerk abgleichen. Die zusätzliche Arbeit will das Team neben dem normalen Arbeitsalltag stemmen. Auch Hilfsorganisationen sollen im dem Kontext Gesuche stellen dürfen – denn sie kämpfen gerade ebenso mit der Suche nach Räumen (zum Beispiel für regelmäßige Teambesprechungen) und den entsprechenden Mietkosten auf dem normalen Markt.

Mitte April soll es konkret losgehen

Ausgerollt werden soll das Projekt zunächst in sieben deutschen Großstädten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart), wobei München sowas wie die Basis ist, mit den meisten bisher beteiligten Spaces. Mit dabei und sofort überzeugt von dieser sinnvollen Idee ist übrigens auch das MUCBOOK Clubhaus mit seinen Co-Working-Spaces. „Viele müssen sich erst mal ein bisschen ordnen, bis sie eine adäquate Unterkunft gefunden haben“, erzählt Rebecca Schneider weiter. „Um remote zu arbeiten, Coworking wahrzunehmen, Bewerbungen zu schreiben oder Administratives zu bewältigen, entsteht der Bedarf für mehr Raum.“

Daher bereiten sie das Angebot gerade behutsam vor, statt überstürzt zu starten. Schneider und ihr Team wollen noch weitere Partner*innen mit Workspaces für die Kampagne gewinnen, die unterstützen können. Gerne auch mit ergänzenden Angeboten und Hilfen. „Helfen kann jeder mit Workspaces, egal ob Multinational Corporate oder Privatbürobesitzer oder jeder, der jemanden kennt“, sagt sie. Auch durch interne Kontakte zur ukrainischen Community der Geflüchteten machen sie auf die Aktion aufmerksam.

Das Projekt wird dabei in den drei Sprachen Deutsch, Englisch sowie Ukrainisch aufgelegt. Ukrainisch sprechende Personen sind bei etwaigen Verständigungsschwierigkeiten als Helfende involviert. In der Kalenderwoche 15, vom 11. bis 18. April, soll es konkret losgehen.


Beitragsbild: © #workspacesforukrainians / Shareyourspace

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