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Auf der Suche nach Räumen und Hilfe: Künstler*innen fordern die Öffnung leerstehender Hotels für Geflüchtete

Anne Lenz

Etwa 12.000 ukrainische Geflüchtete wurden der Stadt München vom Freistaat Bayern angekündigt. Vor allem Frauen und Kinder werden in den Notunterkünften erwartet. Dort gibt es warme Kleidung, medizinische Versorgung und psychologische Betreuung. Freiwillige verteilen heiße Getränke und Essen, sogar Spielmöglichkeiten gibt es. Doch leider gibt es nicht genug Raum.

Petition: Leerstände jetzt öffnen

Eine Petition von u.a. der Münchner Musikerin Polly Ester macht auf diesen Umstand jetzt aufmerksam (siehe Video unten): Gemeinsam mit anderen Kreativen aus dem Bahnhofsviertel hat sie eine Initiative zur Öffnung von leerstehenden Hotels für Geflüchtete aus der Ukraine ins Leben gerufen. Nach der Idee, auf den Leerstand im Bahnhofsviertel aufmerksam zu machen, beginnen die Künstler*innen nun ihr Anliegen zu verbreiten. Bald fiel auch auf, dass nicht nur die vier zuerst gefundenen Hotels mit insgesamt 11.500qm Fläche leer stehen, sondern mindestens acht Hotels zur Verfügung stehen könnten. Konkret gennant werden von der Initiative folgende Adressen: Hotel Atlas City (Paul-Heyse-Straße 16/18), Hotel Atlas Residence (Schwanthalerstraße 63), Hotel Atlas Garni (Landwehrstraße 58) sowie das Kavunhotel (Landwehrstraße 56).

Die Gründer*innen der Initiative sind nun auf die Unterstützung der Öffentlichkeit angewiesen, um den Dialog mit der Politik und den Eigentümer*innen der Gebäude zu ermöglichen. Polly Ester möchte erfahren, ob die Besitzer*innen der leerstehenden Hotels ihre Immobilien zur Unterbringung für Geflüchtete anbieten. Derzeit sind diese meist in Hallen untergebracht, in denen weder Corona-Maßnahmen noch Privatsphäre gewährleistet werden können. Gerade nach den traumatischen Erfahrungen der Flucht sind Rückzugsräume besonders wichtig.

“Wir wollen einen Dialog mit den Eigentümer*innen eröffnen, um schnellstmöglich Wohnraum für bedürftige ukrainische Familien zu schaffen. Wir bitten die Eigentümer*innen, möglichst schnell mit uns in Kontakt zu treten, damit geklärt werden kann, in welcher Weise die Gebäude genutzt werden können, damit unsere Stadt München der grausamen Not der Geflüchteten nicht mit dem Zynismus des Leerstands begegnet.”

Polly Ester

Bisher haben schon über 1.200 Personen die Petition unterzeichnet.

Außerdem: Was passiert bei den Helfenden?

Neben dem Finden von weiteren und geeigneten Räumen ist vor allem die Anzahl sowie die Tatkraft der Helfer*innen in der aktuellen Situation entscheidend für den Erfolg der Münchner Hilfsorganisationen. An vielen Anlaufstellen wird ehrenamtliche Arbeit geleistet. Margarete Arlamowski vom Verein Münchner Freiwillige – Wir helfen e.V. etwa berichtet von großer Motivation unter den Helfer*innen: Die Hilfsaktionen seien bisher sehr erfolgreich verlaufen und die Bemühungen bei den Geflüchteten dankend angenommen worden, sagt sie. Jedoch ist eine der größten Herausforderungen das Personal. Es gibt sehr viele fleißige Helfer*innen, jedoch benötigen sie jede weitere Unterstützung. Arlamowski möchte deshalb dazu ermutigen, die Schockstarre zu verlassen, die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken, um damit sehr viel Gutes bewirken zu können.

Aktuell konzentrieren sich die Münchner Freiwilligen vor allem darauf, die ankommenden Wohnungssuchenden an die Wohnungsanbietenden zu vermitteln. Auf der Website der Münchner Freiwilligen sind die relevanten Informationen zur privaten Wohnraumüberlassung zusammengefasst.

Gabriele hat eine ukrainische Familie aufgenommen

Gabriele zum Beispiel, ein Student an der LMU, hat bei sich zuhause eine Familie samt Katze aufgenommen. Er ist 19 und lebt gemeinsam mit seinen Eltern in einer Wohnung. Über Kontakte hat er von der Unterkunft in der Bergsonstraße 109 erfahren, an der Familien an Privatpersonen vermittelt werden.

Die Kommunikation gestaltet sich noch etwas schwierig, da die Geflüchteten nur ukrainisch und russisch sprechen, erzählt er uns. Trotzdem versuchten sie mithilfe von Übersetzungs-Apps und Zeichensprache sich zu verständigen und ihre Erlebnisse zu schildern. Neun Tage haben sie unter Beschuss in einem Bunker ausgeharrt. Die Familie, bestehend aus Oma, Mutter und Tochter, halten noch Kontakt zu ihren Bekannten in der Ukraine und zeigen dem Studenten hin und wieder Bilder und Videos von den Geschehnissen in ihrer Heimat.

Die Großmutter würde auch dauerhaft in Deutschland bleiben, die Mutter möchte so bald es geht wieder zurück nach Hause. Um den Aufenthalt hier dennoch so schön wie möglich zu gestalten, unternimmt Gabriele mit der ukrainischen Familie Ausflüge ins Umland oder zeigt ihnen die Stadt. Nach dem Abendessen schauen sie oft gemeinsam Filme. Außerdem haben sie ein Zirkus-Programm für Kinder und Jugendliche gefunden, an dem die Tochter nun teilnehmen kann. Zuhause hat sie Akrobatik gemacht.


In aller Kürze:

Petition zur Nutzung von Leerstand für die Aufnahme von Geflüchteten
Informationen zur privaten Wohnraumüberlassung
Aufruf Helfer*innen Münchner Freiwillige

Hier findest du weitere Informationen wie du aktiv werden kannst.


Bild: © Gabriele Freundl

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