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Riesige Zwischennutzung am Stachus geht an den Start: Das kommt alles ins „Lovecraft“

Aus der ehemaligen Kaufhof-Filiale am Stachus wird eine Zwischennutzung auf acht Stockwerken und 25.000 Quadratmetern. Eine Mischung aus Kulturkaufhaus und Social Hub soll es werden – auch Sport und Co-Working sind Themen. Verantwortlich für die Umnutzung des ehemaligen Kaufhauses ist das erfahrene Team um Zwischennutzungsprofi Michi Kern (u.a. Hotel Lovelace). Am Dienstag wurden die Pläne der Presse vorgestellt.

„Es muss nicht immer sofort mit Konsum verbunden sein und auch nicht immer sofort mit Programm“, sagt Michi Kern beim Presserundgang über sein neustes Zwischennutzungs-Projekt. Hier am Stachus in zentralster Lage darf sein „This is really happening“-Team sich jetzt für mindestens zwei Jahre austoben. Ihm schweben neben Standards wie Gastronomie auch freie Aufenthaltsflächen vor. Knapp zwei Drittel des Gebäudes sollen seiner Schätzung nach frei betretbar sein. Also ohne Eintritt oder Konsumzwang. „Alles bis auf Party“, fasst er die Idee zur Nutzung des Hauses grob zusammen.

„Dass man am Stachus plötzlich Fussball spielen kann, das finden wir lustig“

Geplant sind auch Sport- und Bewegungsflächen: „Dass man am Stachus plötzlich Fussball spielen kann, das finden wir lustig“, sagt Kern etwa zum hierfür entworfenen Soccer5-Court. „Oder wenn ich mit den Kindern in der Innenstadt stehe und eine halbe Stunde überbrücken muss, dann geh ich vielleicht hier her und spiel eine Runde Tischtennis.“

Sieben Stockwerke – das kommt rein

So ein großes Projekt geht – klar – nur zusammen mit vielen Partner*innen. Auch diese lernt man am Dienstag der Pressekonferenz kennen. Und damit ist man schon konkreter bei der Bespielung der sieben Stockwerke.

Im Untergeschoss platziert sich die Sammlung Goetz mit zeitgenössischer Kunst. Das Ausstellungshaus rund um die Kunstsammlerin und Stifterin Ingvild Goetz war wegen langjähriger Umbauarbeiten am Stammgelände in Oberföhring gerade quasi ohne Ausstellungsmöglichkeit. (Eröffnung der ersten Ausstellung „Nathalie Djurberg & Hans Berg, The Experiment“ am 08. September 17 bis 21 Uhr).

Im Erdgeschoss sollen kleinere Verkaufsflächen untervermietet werden – federführend ist hier die Günther Rid Stiftung, die mit dem Thema moderner Einzelhandel experimentieren wollen und die Plätze kuratieren. Auch die beliebte Community Kitchen (momentan auch in Neuperlach zu finden) um Gründerin Günes Seyfarth will mit dem Auftrag Lebensmittelrettung hier bald kochen. Sie verspricht Süßes, Herzhaftes und leckeren Kaffee von der Alrighty Rösterei aus ihrer Küche.

Alte Meister und neue Sportflächen

Einmal die bunten Treppen hoch geht es weiter mit Kunstaustellungen von Giovali Productions. Der Fokus liegt hier, im ersten und zweiten Obergeschoss, auf großen fotografischen Replikaten von klassischen Gemälden und Fresken aus der frühen Neuzeit. Die erste Ausstellung „Meisterwerke“ zeigt Da Vinci, Santi, Michelangelo und Sebastiano – teils in Originalgröße – für den nicht ganz günstigen Eintrittspreis von knapp 20 Euro (Beginn 08. September). Geht nicht anders, betont der Betreiber, der die Ausstellung ohne staatliche Fördermittel betreibt und sich freut, die Werke von Weltrang nach München zu holen.

Im vierten und fünften Stockwerk gibt es derzeit noch wenig zu sehen. Hier sollen „urbane Bewegungsflächen“ entstehen, die das Referat für Arbeit und Wirtschaft finanziell mit unterstützen will. Die genannten Soccer 5-Flächen und Tischtennisplatten etwa. Auch eine Rollschuhbahn ist geplant. Hierfür ist man in Kontakt mit der – so erzählt Kern – wohl gar nicht so kleinen Rollschuh-Szene in der Stadt. Inlineskater dürfen die Bahn wohl auch benutzen. Schwung holen kann man ebenfalls beim ein oder anderen Stockwerkwechsel – mehrere Rutschen wurden auf den ehemaligen Rolltreppen eingebaut und können jetzt schon ausprobiert werden.

Über den siebten Stock kann Mucbook zuletzt in eigener Sache berichten. Das Mucbook Clubhaus organisiert hier Co-Working-Flächen für Solo-Selbstständige sowie Büros für kleinere Startups. Einen einmaligen Ausblick über die Stadt und den Stachus–  von der umläufigen Dachterasse aus – hat man hier inklusive.

Eine Zero Waste Arena kommt nächstes Jahr

Weitere Akteur*innen sind eingeladen sich einzubringen, sagt Kern. Wirklich frei sei von den großen Flächen her zwar aktuell nichts mehr, aber „uns würde es gelingen für gute Ideen weitere Fläche zu finden“. Im Konzept sind außerdem Flächen mit wechselnder Nutzung vorgesehen.

Kreislaufwirtschaft sei zuletzt noch ein Thema, das über dem ganzen Betrieb schweben soll. Reuse, Recycle – eine Zero Waste Arena soll entstehen. Das von der Stadt unterstützte Projekt auf einem Stockwerk kann wegen juristischen Problemen aber noch nicht wie geplant an den Start gehen, weshalb man davon erst etwas Konkretes erfährt, wenn es hoffentlich bald soweit ist. Vielleicht gegen März, schätzt Kern.

Am 09. und 10. September war jetzt ein erster Tag der offenen Tür, bei dem das Gebäude für alle Münchner*innen geöffnet wurde. Keine offizielle Eröffnung, wie Kern verdeutlicht, sondern eher ein Einblick ins Entstehen und ein Zwischenstand.

Adieu, Kaufhaus – Hallo, Kultur- und Sportzentrum

Mit dem Lovecraft baut das „this is really happening“-Team seine Zwischennutzungs-Dominanz in München aus. Eine gewissen Handschrift (bunte, poppige Farben, klare Linien, witzige Maskottchen und griffige Slogans) glaubt man aus Orten wie dem Sugar Mountain in Obersendling oder dem Hotel Lovelace (2017 bis 2019 in der Altstadt) wiederzuerkennen. Dazu muss man erwähnen, dass wirklich vieles noch im Entstehungsstatus ist.

Das Team schielt auf eine möglichst breite Nutzer*innengruppe – vorbei sind die Zeiten, wo Zwischennutzungen etwas für hippe Nachteulen waren. Wie im Kaufhaus ehedem ist hier einfach für viele etwas dabei. Nur das Stichwort Parties und Events scheint erst mal nicht so hoch zu hängen. Doch wer weiß: Ein bisschen Feierlaune kommt beim eindrucksvollen Stadtpanorama-Blick nach draußen ja vielleicht doch irgendwann auf.

Aus einem Konsumtempel wird ein Kultur- und Sportzentrum mit Konsummöglichkeiten

Der Nutzungsmix ist vielleicht ein Vorgriff auf die Zukunft der Innenstädte, wo es der stationäre Handel (vor allem in Form von großen Kaufhäusern) immer schwerer hat. Ohne Sponsoring der Stadt und großer Marken sowie kommerzielle Angebote würde es aber hier logischerweise nicht laufen. Für die Münchner*innen ist es erst mal eine spannende Sache, dieses so zentrale Gebäude jetzt neu zu erleben – bis hier final umgebaut wird.

Beitragsbild: ©Thomas Mandl; Bilder im Beitrag: ©Thess Riva Fischer/storiestobetold – außer Bild der Fassade (©Thomas Mandl)

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