Hochschulinnovationsgesetz LMU
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“Ich wollte etwas Neues machen, jetzt muss ich kämpfen, damit unser Status quo erhalten bleibt” – Gleichstellung im Hochschulinnovationsgesetz

Yannik Gschnell

Während wir Studierenden langsam vergessen, wie unsere Unis von innen aussehen, steht das Online-Semester Nummer drei in den Startlöchern. Doch zunächst noch eine Good News vorweg: Die LAK Bayern gab Anfang der Woche bekannt, dass die individuelle Regelstudienzeit nun auch für das Wintersemester 20/21 und das Sommersemester 21 verlängert wurde. Das gibt uns Studierenden nicht nur etwas Ruhe und Planungssicherheit, sondern erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Neuerungen des geplanten Hochschulinnovationsgesetztes noch am eigenen Leibe zu spüren bekommen.

So ganz begeistert von der angestrebten Gesetzesnovellierung, zeigen sich bislang nur die Hochschulführungen und Markus Söder. Auf der anderen Seite häuft sich die Kritik am Gesetzesentwurf – offene Briefe von Professor*innen und Studierendenvertretungen, sowie bayernweite Proteste. Deswegen haben wir uns mit Dr. Margit Weber, der Frauenbeauftragten der LMU, über den aktuellen Stand des Gesetzesentwurfs unterhalten.

Den ersten Teil unseres Interview mit Frau Weber findest du hier.

Frau Weber, die geplante Gesetzesnovellierung ist erst die dritte ihrer Art in Bayern, sehen sie das als eine Chance Gleichstellungsprozesse an unseren Universitäten zu festigen und voranzutreiben?

Margit Weber: „Im Grunde ist das Hochschulinnovationsgesetz in der geplanten Fassung ein massiver Rückwärtsschritt gegenüber dem Hochschulgesetz von 2006. Man will das Wort Frau gar nicht mehr drinnen haben. So wird suggeriert: ‚Das mit den Frauen haben wir schon erledigt‘ – das ist eine aggressive, fast beleidigende Geringschätzung. Ich muss jetzt darum kämpfen, dass unser Status quo als Frauenbeauftragte erhalten bleibt und dass die bisher erreichten Bestimmungen zur Geschlechtergerechtigkeit im Gesetz geschützt werden.“

„An Universitäten sollte innovativ vorgelebt werden, wie die Gesellschaft besser und wertvoller werden kann.“

Ich wollte aber etwas Neues machen. Immerhin reden wir hier vom Hochschulinnovationsgesetz. Diese Innovation betrifft aber offenbar nur die Frage, ob eine Universität nun als Unternehmen, als Körperschaft oder als staatliche Einrichtung gelten soll. Primär geht es darum, die Spitze der Hochschule zu stärken. An Universitäten sollte innovativ vorgelebt werden, wie die Gesellschaft besser und wertvoller werden kann. Wenn die Frau dabei nicht berücksichtigt wird, dann verdient dieses Gesetz den Namen Innovation nicht.“

Durch das neue Gesetz wäre die konkrete Ausgestaltung der internen Governance und damit auch der Gleichstellungsarbeit größtenteils der universitären Leitung überlassen, die allerdings in der überwältigenden Mehrheit männlich ist.

Muss man an diesem Punkt im Gesetzesentwurf gegensteuern?

„Ich könnte natürlich im Hochschulrecht einen Rahmen vorgeben, wie solche Themen gesellschaftspolitisch gewünscht sind. Die Hochschule ist von der Gesellschaft finanziert und sollte der Gesellschaft auch etwas zurückgeben, indem sie die Gesellschaft voranbringt. Nicht nur mit neuer Technologie, sondern auch im Miteinander, für das soziale Wohlergehen. Das fehlt einfach. Wie wollen wir Demokratie vorleben und sie verteidigen, wenn wir hier so eine Hierarchie aufbauen.

Wie könnte so ein „Gegensteuern“ konkret aussehen?

Wenn wir über Gleichstellung reden, müssen wir über Gender Bias reden und ich glaube nicht, dass wir den so einfach aus uns rauskriegen, weil wir alle subjektiv sind. Klar muss man sich das bewusst machen. Man kann an sich arbeiten. Da werden wir aber wahrscheinlich immer an Grenzen stoßen. Es soll aber ja auch irgendwann mal Erfolge geben. Deshalb meine ich, dass eine partizipative Universität und Wissenschaft realerweise nur mit einer Quote schaffen können. Denn dann ist mein subjektives, nicht einmal schuldhaftes Fehlverhalten etwas ausgeschaltet. Dann kann ich sagen: Gut, sollen Frauen und Männer schlechte Wissenschaft machen oder schlechte Politik machen, die Welt kaputt machen. Aber immerhin sind alle partizipativ beteiligt.

„Die Quote würde dafür sorgen, dass Männer und Frauen da sind. Fertig.“

„Das ist eigentlich der Gewinn der Quote. Mit dieser Bewusstseinsarbeit, da meint man schnell man wäre kurz vorm Ziel. Mir zeigt das Hochschulrecht und die Pandemie, wir haben nichts erreicht. Es ist sofort wieder weg. Die Quote würde dafür sorgen, dass Männer und Frauen da sind. Fertig. Und dann sollen die mal schauen, ob sie was Besseres rauskriegen. Wenn sie nichts Besseres rauskriegen ist auch egal. Zumindest sind Frauen daran beteiligt. Das verlangt mir der Respekt vor jedem Menschen ab.

Vielen Dank Frau Weber.


Beitragsbild: ©Max Emrich

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