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Grüne Mehrheit bei Direktkandidaten wackelt: Neuauszählung in Moosach

Eine kleine Sensation im Münchner Norden

Es war eine von vielen kleinen Sensationen der Landtagswahl letzte Woche in Bayern: Im Wahlbezirk München-Moosach hatte der erst 28-jährige Direktkandidat der Grünen, Benjamin Adjei gewonnen, mit einem denkbar knappen Vorsprung von 87 Stimmen gegen die Kandidatin mit den zweitmeisten Stimmen, Mechthilde Wittmann (CSU). Ein wenig Glück gehört in der Politik – ganz so wie im Leben – natürlich dazu.

Der Überraschungserfolg des jüngsten Direktkandidaten Münchens passte hervorragend in die schnell gefundenen Narrative der Wahlkampfanalysten, demnach in größeren Städten und vor allem in der Landeshauptstadt eine kleine grüne Revolution die konservative CSU-Alleinherrschaft aushebelte. In München hatten die Grünen ganze fünf der neun Direktmandate erhalten. Hier errang man also eine irgendwie auch symbolische, urbane Mehrheit.

Aber: Wurde ordentlich ausgezählt?

Am knappen Ergebnis speziell im Wahlbezirk München-Moosach wurden aber nun Zweifel laut, da es in der Wahlnacht laut Medienberichten zu kleineren Pannen bei der Stimmenauszählung im Kreisverwaltungsreferat kam.

Mechthilde Wittman, die knapp unterlegene CSU-Direktkandidatin und Integrationsbeauftragte der aktuellen Landesregierung, darf sich also nochmal ein klein wenig Hoffnung machen. Sie hatte die Neuauszählung des Stimmkreises ebenso wie CSU-Generalsekretär Markus Blume gefordert.

Im Stimmkreisausschuss der Landeshauptstadt entschied man sich einstimmig für eine erneute Auszählung, um alle etwaigen Zweifel auszuräumen (dort sitzen drei Vertreter der CSU, zwei Vertreter der SPD und ein Vertreter der Grünen). Auch die Münchner SPD und OB Dieter Reiter unterstützen diese Forderung.

Jetzt wird gezählt

Mittwoch und Donnerstag sollen die Mitarbeiter des KVR die Stimmen nochmal neu auszählen. 66.978 gültige Erststimmen sind das insgesamt. Einige Wahlurnen müssen dafür extra aus Fürth wieder angeliefert werden – sie lagen inzwischen dort zu einer stichprobenartigen Auswertung durch das statistische Landesamt.

In Anbetracht des äußerst knappen Ergebnisses (…) im Stimmkreis Moosach können wir so jeden Zweifel an einer ordnungsgemäßen Ergebnisfeststellung durch das Wahlamt ausräumen” teilte Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle in einer Pressemitteilung mit.

Was sagen die Kandidaten dazu?

Benjamin Adjei von den Grünen sieht der neuen Auszählung gelassen entgegen. Gegenüber MUCBOOK gibt er kund, er habe vollstes Vertrauen in die Arbeit der zahlreichen Ehrenamtlichen und Bediensteten, die die Stimmen am Wahlabend bis in die späten Abendstunden erstmalig ausgezählt hatten.

Grundsätzlich spricht aber auch er sich für eine neue Auszählung der Stimmen aus, um “das Vertrauen in die Demokratie zu stärken” und alle Bedenken zu beseitigen. Sollte die Neuauszählung tatsächlich ein abweichendes Ergebnis hervorbringen, so sei er persönlich auch über die Liste der Grünen weiter im Landtag, aber eben nicht über das Direktmandat. Dass es zu dieser Konstellation allerdings überhaupt kommt, glaubt er nicht.

Mechthilde Wittmann  von der CSU wollte sich unserer Redaktion gegenüber nicht äußern. Von ihr ist bekannt, dass sie die neue Auszählung gefordert hat. Sie kann im Fall der Fälle eigentlich nur gewinnen. Andernfalls scheidet sie aus dem Landtag aus.

Was steht hier also auf dem Spiel?

Für Benjamin Adjei die Art und Weise, wie er in den Landtag einzieht (Direktmandat oder Liste), für die beiden Parteien die symbolträchtige Mehrheit der Direktkandidaten aus der Landeshauptstadt und für Mechthilde Wittmann erneut der Einzug in den Landtag, sie müsste ihren Platz dort – Stand jetzt – räumen.

Ferner haben wir es hier mit einer interessanten, demokratietheoretischen Versuchsanordnung zu tun: Zähle zweimal 66.978 Stimmen aus und beobachte die Abweichungen. 70 Mitarbeiter des KVRs werden dazu an beiden Tagen nochmal im Einsatz sein. Freitagmorgen darf man bereits mit den Ergebnissen rechnen: Dann verkündet der KVR das Ergebnis der erneuten Auszählung.


(Foto-Rechte der Kandidatenportraits liegen bei den Kandidaten bzw. den Parteien)

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