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Münchner*innen und ihre Hochhäuser: Es ist schwierig

Caroline Priwitzer

Hochhäuser in München. Das ist ein Thema, das immer dann hoch schwappt, wenn jemand versucht in München sehr hoch zu bauen. Wobei, „sehr hoch“, das ist subjektiv und vor allem als relativ zu betrachten, wenn man auf andere Weltstädte blickt – zu denen man München ja tendenziell zählen könnte. Gerade weil dieses Höhen-Thema wieder präsent und so polarisierend ist, wollen wir dazu in den kommenden Wochen thematisch in die Tiefe gehen. So ist die Idee zu einer Artikelserie entstanden.

Hochhäuser in Serie: unsere Artikelreihe

Wir werden verschiedene Perspektiven beleuchten und Expert*innen zu Wort kommen lassen, um ein Gesamtbild, ein allgemeines Stimmungsbild einzufangen. Dafür soll nach diesem einleitenden Artikel, der einen Blick auf die Geschichte in München und Deutschland wirft, Expert*innen aus Politik und Wissenschaft die Möglichkeit gegeben werden, ihre Standpunkte klarzumachen. Außerdem interessiert uns natürlich, was Ihr davon haltet, wie ihr zum Hochhausthema steht? Deshalb wollen wir Euch später auf unseren sozialen Plattformen die Möglichkeit geben, als Stadtbürger*innen abzustimmen, Erfahrungen, Meinungen und Bedenken zu teilen, vielleicht auch eurem Groll Luft zu machen. Auch externe Stadtliebhaber oder „Zuzogne“ finden natürlich Gehör und haben vielleicht einen ganz anderen Blick auf das Thema.

Angst vor der „Frankfurtisierung“

Woher kommt sie eigentlich, diese Angst vor der „Frankfurtisierung“, wie es manchmal in Kritikerkreisen heißt? Der Name lässt es schon vermuten: Hochhäuser- oder gar Wolkenkratzer-Skylines kennt man in Deutschland eigentlich nur aus dem Frankfurter Bankenviertel. Dort steht mit dem Commerzbank Tower, der 259 Metern und 56 Stockwerke misst, das aktuell höchste Gebäude Deutschlands – Fernsehtürme mal allgemein außen vor gelassen. Generell waren deutsche Architekt*innen historisch nie für besondere Höhenflüge bekannt. Von 1620 bis 1917 war das höchste Gebäude Deutschlands das 57 Meter hohe Augsburger Rathaus. Und danach wurde Bayern auf der Liste des höchsten Gebäudes nie wieder gesehen. Berlin, Köln und Frankfurt sind auf derartigen Rankings dagegen seit einiger Zeit am häufigsten aufzufinden.

Vor allem aufgrund historischer Stadtkerne und weil man Kirchtürmen nicht die Show stehlen möchte, ist der Bau von Hochhäusern im Zentrum deutscher Städte meist per se undenkbar. Lediglich im nach dem Krieg stark zerstörten Frankfurt, ermöglicht durch den so genannten „Hochhausrahmenplan“, entstand eine Skyline aus Wolkenkratzern, die man sonst eher aus Metropolen wie London, New York City oder Shanghai kennt. Natürlich in kleinerem Umfang. Dieser Rahmenplan besagt ganz genau, wo wie hoch gebaut werden darf und wo eben nicht.

In München kochte die Debatte zuletzt hoch, als die Büschel Unternehmensgruppe ihre Pläne für die beiden Türme auf dem Paketposthallenareal öffentlich machten (wir berichteten). Schon bald wurden (Gegen-)Stimmen laut von CSUlern, die das Alpenpanorama in Gefahr sahen, man hörte Grüne, die es tendenziell gut fanden, weil man so weniger Bodenversiegelung anderswo hätte und Nachbar*innen äußerten ihre Angst vor dunklen, verschatteten Wohnungen. Allgemein vernahm man den Wunsch nach mehr gut angebundenen oder sozialem Wohnraum.

Eine kleine Geschichte der Hochhäuser

Woher kommt aber die teils starke Abneigung vieler München gegen Hochhäuser? Während in den 1960er Jahren noch das Siemens Hochhaus in Obersendling mit 75 Metern das höchste Bürogebäude der Stadt war, wurden – im Zuge eines Modernisierungsrucks vor den olympischen Spielen – 1972 einige weitere Hochhäuser errichtet. In diesem Jahr wurde etwa der 101 Meter hohe Vierzylinder, der Firmensitz von BMW, neben den Olympiapark gebaut. Dieser steht der mittlerweile sogar unter Denkmalschutz.

Und weiter?

Nachdem der Münchner Hochhausbau dann erstmal stagnierte, entstanden 2004 gleich drei sehr hohe neue Gebäude. Und die brachten die Münchner*innen zum Teil regelrecht in Rage. Zum einen waren da die Highlight Towers mit 126 und 113 Metern in der Parkstadt, zum anderen mit 146 Metern der Uptown-Bürokomplex, besser bekannt als O2-Tower, in Moosach. Aktuell ist letzterer das höchste Gebäude der Stadt – neben dem 291 Meter hohen Olympiaturm, unserem Fernsehturm, der hier nicht zählen soll. Die Fertigstellung des O2-Towers im Jahr 2004 wurde dann sogar zum Auslöser für einen Bürgerentscheid. Eine knappe Mehrheit Münchens – insgesamt 50,8 Prozent – haben sich noch im selben Jahr für eine Höhenbegrenzung ausgesprochen. Und damit zukünftig erst mal weitere Hochhausprojekte über 100 Meter verhindert.

Diese Begrenzung orientiert sich an den 99 Meter hohen Türmen der Frauenkirche, die kein neues Gebäude überragen sollte. Rechtlich bindend war der Entscheid nur für ein Jahr. Allerdings wurden seither trotzdem keine weiteren Hochhäuser gebaut. Für Aufsehen sorgte zuletzt eine Luftballonaktion der Stadt München, die die Höhe des ersten Entwurfs für die Türme des Paketposthallenareals verdeutlichen sollte. Mittlerweile sammelt eine Bürgerinitiative namens “HochhausSTOP” fleißig Unterschriften für einen neuen Bürgerentscheid wie damals im Jahr 2004. Im Stadtrat stößt dies allerdings auf auf eine Verfahrens-Kritik, weil man der Meinung ist, dass eine solche Abstimmung nicht justiziabel wäre. In den kommenden Wochen soll deshalb darüber ein Rechtsgutachten erstellt werden. Womit wir wieder am Anfang wären – perfekt um nächste Woche die Stimmen anzuhören, die laut ‘Ja’ oder eben ‘Nein’ schreien.

Was denkt ihr zum Thema Hochhäuser in der Stadt? Chance oder Verschandelung? Schreibt es uns in die Kommentare oder als Mail an redaktion@mucbook.de!


Beitragsbild: Photo by Pavel S on Unsplash

2 Comments
  • Herbert Gerhard Schön
    Posted at 22:42h, 06 Oktober

    Au weh, Caroline Priwitzer:

    Womit fange ich an?

    Vielleicht gleich mit dem ersten Stolper-Ziegel, der aus Ihrem Text hervorschaut, also mit diesem Satz “Von 1620 bis 1917 war das höchste Gebäude Deutschlands das 57 Meter hohe Augsburger Rathaus.” im dritten Absatz.

    Seit 1890 ist das Ulmer Münster mit dem 161,5 Meter hohen Kirchturm der höchste Sakralbau in Deutschland, wobei die Ulmer Bürgerschaft im Jahr 1543 mit dem Bau des Kirchturms bei etwa 100 Meter aufhören mussten, weil ihnen das Geld nicht mehr zum Weiterbauen reichte.

    Den höchsten Rathausturm in Deutschland gibt es seit 1905 in Leipzig mit 114,7 Meter, . . . und der sinnvolle Gebrauch von Suchmaschinen im Internet empfiehlt sich heutzutage eigentlich immer.

    Im fünften Absatz wird es erstaunlich einseitig mit diesem Satz “Schon bald wurden (Gegen-)Stimmen laut von CSUlern, die das Alpenpanorama in Gefahr sahen, . . .” und wirklich laut ist da eigentlich nur der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper, während so einige Münchner CSU-Stadträt*innen fast schon glühende Fans der beiden BÜSCHL TOWERS sind. Bei der Bürgerinitiaitive HochhausSTOP ganz vornedran ist übrigens das SPD-Mitglied Wolfgang Czisch und in seiner aktiven Zeit als Münchner Stadtrat von 1973 bis 1996 war er mit seinen Stadtratsanträgen zur Isar-Renaturierung dafür verantwortlich, dass es dann ab 2000 bis 2011 mit dem großen Isar-Plan tatsächlich auch so umgesetzt wurde.

    Der siebte Absatz zeichnet sich durch eine sehr lückenhafte und dadurch auch ungenaue Beschreibung des vormaligen Hochhaus-Bürgerentscheids im Jahr 2004 aus. Formal ganz streng genommen war das knappe Anti-Votum der Münchner*innen damals eigentlich nur ein Jahr lang bindend, wobei dieses bürgerschaftliche Nein zu Hochhäusern über 100 Meter auch noch eine sehr schwache demokratische Legitimation hatte. Die Wahlbeteiligung mit nur 21,9 % zeigte jedenfalls ein großes Mehrheits-Desinteresse an diesem Aufreger-Thema.

    Zuletzt möchte ich noch auf einen “Blinden Fleck” bei den allermeisten Diskussionen rund um die beiden Hochhäuser neben der Paketposthalle hinweisen, nämlich auf die sonstige dort geplante Baumasse oben (sichtbar) und auf den 3 x 60.000 qm umfassenden Tiefgaragen-Komplex (unsichtbar) innerhalb dieses nur 8 ha großen bzw. kleinen Grundstücks. Um dieses Problem besser verstehen zu können, empfehle ich diesen Artikel des Architekten Dierk Brandt: https://muenchner-forum.de/bauvolumen-und-bebauungsdichte-auf-dem-paketpost-areal/

  • Niessen
    Posted at 18:10h, 29 Februar

    Ich verstehe die Faszination für moderne Architektur und die Notwendigkeit, Wohn- und Büroflächen effizient zu nutzen. Doch Hochhäuser in München? Das passt einfach nicht zum Stadtbild. Unsere Stadt ist bekannt für ihre traditionellen Häuser, deren Wurzeln oft bis ins 18. Jahrhundert oder früher reichen. Diese historische Architektur prägt das Gesicht Münchens und verleiht ihm seinen einzigartigen Charme. In anderen Städten wie Frankfurt am Main wären sie eher sehenswert.

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