Aktuell, Leben, Stadt, Wohnen trotz München

How To: Bezahlbar Wohnen in München

Caroline Priwitzer

Manchmal hört man es und traut seinen Ohren kaum. Ein verschlagenes Flüstern, hinter vorgehaltener Hand: “Die wohnen in einer Genossenschaftswohnung und zahlen nur – halt dich fest – 500€ warm für ihre Dreizimmerwohnung in der Au.” Das geht doch gar nicht? Na klar geht das. Ihr müsst es nur bewerkstelligen, irgendwie in einer Wohnungsgenossenschaft aufgenommen zu werden.

Wie (einfach) das geht, lest ihr hier.

Wir hatten das Vergnügen, die ehemalige Chefredakteurin des Mucbook Magazins und derzeit genossenschaftlich wohnende Melanie Schindlbeck zu ihrem Leben in der Wohngenossenschaft und ihrem – gar nicht so langen – Weg dorthin zu befragen.

Heiß begehrt

Das Grundkonzept ist vielversprechend und in den Grundzügen immer gleich: Die Immobilie in genossenschaftlicher Hand wird durch die Beiträge der dort wohnenden Mitglieder unterhalten und erhält Förderungen. Keiner macht Profit, alle wohnen günstig. Friede, Freude, Eierkuchen. Doch: sind dann nicht schon längst alle Genossenschaftswohnungen weg, sie klingen doch so verlockend?

Kurz gesagt: Ja, die Wohnungen sind sehr beliebt. Und das Konzept erfreut sich wegen des angespannten Wohnungsmarktes immer größerer Beliebtheit. Wechsel gibt es jedoch laufend. Und auch wenn alt eingesessene Bestandsgenossenschaften eher keine neuen Mitglieder aufnehmen, kann man sich bei den neueren Genossenschaften oftmals noch bewerben. Teilweise ist das dann aber bezogen auf ein Bauprojekt. Außerdem darf man nicht vergessen: es wird stetig neu gegründet und gebaut, man muss also die Augen aufhalten.

Von der Wohngemeinschaft in die Wohnungsgenossenschaft

“Ich habe keinen Bock, ein Drittel oder sogar die Hälfte meines Einkommens für Wohnen auszugeben, das sehe ich einfach nicht ein”, dachte sich Melanie, die sich bis dato immer die Miete mit ihren Mitbewohner*innen geteilt hatte. Also nahm sie sich extra einen Tag frei, um die Münchner Wohnungsgenossenschaften abzuklappern. Nach einigen erfolglosen Anrufen und unbeantworteten Mails hatte sie schließlich Glück und erfuhr, dass bei einer Genossenschaft am genau am folgenden Tag Aufnahmeanträge in Persona gestellt werden konnten.

Foto: privat

Um halb sechs stand Melanie am nächsten Morgen – nicht ganz alleine – auf der Matte. Nach geduldigem Schlange stehen konnte sie sich anmelden und wurde auf die Warteliste gepackt.

Wichtig zu wissen: Die Wohnungsgröße einer Genossenschaftswohnung orientiert sich in der Regel an der Haushaltsanzahl: Pro Person ein Zimmer plus ein extra Raum. Spätestens das dritte Wohnungsangebot muss man annehmen, sonst fliegt man aus der Kartei. Für das zweite Angebot entschied sich Melanie schließlich. Das war zwei Jahre nach dem Schlange stehen. Statt Kaution zahlte sie einen Genossenschaftsbeitrag und zog kurz darauf nach Obersendling.

Ein aktueller Tipp: Wogeno

Auch die Münchner Genossenschaft Wogeno hatte eigentlich 2018 einen Aufnahmestopp verhängt – zu begehrt waren die Plätze, die Warteliste ellenlang. Aktuell jedoch baut die Genossenschaft an drei neuen Standorten, die sollen im kommenden Jahr fertiggestellt werden. Und in allen drei Bauprojekten (in Freiham, in der Messestadt Riem und in Bad Aibling) können sich diesmal auch Nicht-Mitglieder bewerben.

Voraussetzung dafür ist allerdings die Teilnahme an einem digitalen Informationsabend der Wogeno, an dem die neuen Projekte und die Grundzüge des Gewerkschaftswohnens vorgestellt werden. Dieser findet am Mittwoch, 20.10.2021 um 19 Uhr statt. Ist der erste Schritt geschafft, man selber informiert und angefixt, kann man sich bis zum 27.10.2021 um 15 Uhr postalisch bewerben. Weitere Informationen für die Unterlagen und Adresse gibt es bei dem Event.

Melanies glücklicher Einzelfall?

Und wenn es bei der Wogeno jetzt nicht beim ersten Anlauf klappen sollte, kann man sich beispielsweise hier informieren und auf dem Laufenden halten. Und eine komplette Übersicht zu den Münchner Genossenschaften findet sich hier (es sind sehr viele). Vielleicht klappt es ja auch so reibungslos wie bei Melanie. Aber: auch ihre Wohngenossenschaft nimmt mittlerweile nicht mehr so einfach Mitglieder auf. Derzeit darf jedes Mitglied pro Jahr ein neues Mitglied vorschlagen.

Und wie lebt es sich so in der Genossenschaft?

Melanie wohnt nun schon seit über sechs Jahren in ihrer genossenschaftlichen Wohnung in Obersendling. Und das wird wohl vorerst so bleiben. Denn: ist man einmal aufgenommenes Mitglied, bekommt man ein lebenslanges Wohnrecht zugesprochen. Und auch sonst hat das Leben in der Genossenschaft so seine Vorteile: Für den Quadratmeter zahlt Melanie 10€ warm. In ihrer Balkonwohnung aus den 60er Jahren fühlt sie sich pudelwohl und legt es jedem ans Herz, “zu versuchen da irgendwie reinzukommen.”

Als Mitglied kann man sich zudem bei den Versammlungen engagieren oder im Nachbarschaftsgremium beteiligen. “Die Leute, die hier wohnen, sind teilweise sehr verwurzelt”, erklärt Melanie über ihren Wohnblock. Denn auch die Kinder profitieren als Mitglieder vom lebenslangen Wohnrecht und können, wenn sie ausziehen – sofern sie wollen – direkt in der Nachbarschaft eine Wohnung finden.

Die Einzelheiten der Regelungen und Satzungen sind von Genossenschaft zu Genossenschaft unterschiedlich. Melanies Fazit zu ihrer Wohnsituation lässt sich wohl trotzdem genreübergreifend auf alle beziehen: “Es kümmert sich jemand darum, dass man echt cool wohnen kann und so sollte Wohnen meines Erachtens nach funktionieren.”

+++ Update vom 20.10. +++

Klarstellendes zum oben beschriebenen Grundkonzept aufgrund von Leserinnenfeedback: Förderungen für Wohnungsgenossenschaften sind nicht zwangsläufig gegeben. Um derartige Fördermittel in Anspruch nehmen zu können, muss die Wohnungsgenossenschaft die einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen erfüllen. Ergänzend lässt sich außerdem anführen, dass die Mitglieder einen wohnungsbezogenen Genossenschaftsanteil leisten müssen.


Beitragsbild: ©Luis Quintero via pexels

No Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons