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Meine Halte: Laimer Platz – altehrwürdiger Understatement-Chic

Caroline Priwitzer

Statt Prachtbauten und großflächiger Parkanlagen dominieren auf den ersten Blick Hauptstraßen und die gold leuchtenden Bögen einer Fastfoodkette das Laimer Stadtbild. Lässt man den Blick jedoch weiterstreifen, folgen urgemütliche Wohngebiete, in denen sieben Tage die Woche verschlafene Sonntagsstimmung herrscht. In einem solchen Wohngebiet bin ich aufgewachsen. Die Entscheidung, welche Haltestelle denn „meine“ ist, fiel mir trotzdem zunächst schwer, bekommt man hier doch mit Bus, Tram, U-Bahn und Stammstrecke einen bunten Strauß an Verkehrslinien geboten. „Aber man ist toll angebunden!“, war deshalb lange Zeit mein Totschlagargument, musste ich mich zum wiederholten Male für mein Laim rechtfertigen. Diesmal möchte ich mich darauf nicht ausruhen.

MVV-Romantik

Trotz der Vielzahl an Verkehrsmöglichkeiten fühle ich mich mit dem gelben Streifen-Design der späten Achtzigerjahre und dem lieblichen Klang der Endstationsdurchsage mehr als verbunden. Alpha und Omega der ockerbraunen U5-Linie, die anmutig durch den Münchner Westen mäandert: der Laimer Platz. Doch, was ist denn eigentlich dieser ominöse Laimer Platz? Erklimmt man die Treppen am Ostkopf der Station, ist weit und breit nur Fürstenriederstraße zu sehen. „Am Westkopf gelangt man […] in Richtung des namensgebenden Laimer Platzes, der sich weitgehend als Grünanlage und Buswendeschleife darstellt“, heißt es auf der Website der MVV. Wie das Wort Buswendeschleife schon anzudeuten vermag, handelt es sich hierbei nicht unbedingt um einen Erholungsort.

Wochenmarkt statt Schickeria

Das wirkliche Zentrum des Stadtteils ist der Laimer Anger. Eine überschaubare Wiese mit Maibaum und Wochenmarkt. Laim ist älter als die Stadt München selbst und muss schon deshalb niemanden etwas beweisen. Dass man hier die Schickeria zwar suchen, aber nicht finden kann, ist wohl bekannt. Dennoch ist es eine Genugtuung zu wissen, dass der Frontman der Spider Murphy Gang in den Hochzeiten seines Erfolges in Laim residierte, während er die verruchteren Teile Münchens besang.

Sonnenstudioflair und Detterbeckgebäck

Seit nicht allzu langer Zeit, gibt es das urbane Café Steinchen, ganz in der Nähe vom besagten Laimer Anger. Es fällt zugegebenermaßen optisch etwas aus dem Rahmen – vielleicht, weil es einen Tick zu hip ist, für das gemütliche Viertel, dessen Flair sich wohl am besten als erfrischende Mischung aus der familienbetriebenen Konditorei Detterbeck und Sonnenstudios beschreiben lässt. Je nachdem, welche Seite des facettenreichen Stadtteils man hervorheben möchte, bieten sich die Parolen „In Loam dahoam“ und „laim is crime“ an. Letztere dürfte aber größtenteils im Kontext der beliebten Kriminalsendung Aktenzeichen XY stehen, welcher Laim gerne sein nicht ganz so hartes Pflaster als Drehkulisse leiht.

Monaco-Mantra

Ach, Laimer Platz, Hafen, den ich auch nach Wiesnbesuchen, Zugreisen oder fremdstädtischen Studium stets sicher erreiche. Das vertraute „Endstation, bitte alle aussteigen!“ reißt verlässlich aus dem Schlaf und fühlt sich immer wieder wie Ankommen an. Alle paar Monate wird über etwaige Streckenverlängerungen nach Pasing gemunkelt, aber das wird vermutlich nicht allzu bald passieren. Hier passiert generell recht wenig und das ist auch gut so. Helmut Dietl, der Erfinder vom wohl lässigsten Münchner aller Zeiten, dem Monaco Franze, ist – so wie ich – in Laim aufgewachsen. Die Frage, wo man also Inspiration für Kultfiguren mit tiefenentspanntem, fast schon südländischem Gemüt findet, dürfte daher eher rhetorischer Art sein.

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