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Meine Halte: Schellingstraße – Geschichte to go

Natascha Krivenkos

Ich wohne noch nicht lange in der Maxvorstadt. Seit etwas mehr als einem Jahr und doch fühle ich mich, als wäre ich schon seit Ewigkeiten hier. Nicht weil es mir so vorkommt, dass die Zeit dort bisher so zäh vergeht, sondern einfach, weil ich mich ziemlich wohl dort fühle. Gut, mein Zimmer ist winzig (Münchner Mietpreise o ), aber das macht nichts, denn meistens bin ich sowieso irgendwo in der Stadt unterwegs und genieße die zentrale Lage und die wunderschöne historische Umgebung die mein Nostalgikerherz höher schlagen lässt.

Ein kleines Stück Geschichte gleich nebenan

Die Straße an der meine Halte liegt, ist wohl eine der geschichtsträchtigsten Straßen in München.
Berühmte Persönlichkeiten sind hier schon auf und ab flaniert, haben ihren Kaffee in einem der zahlreichen Lokale genossen (unter anderem KünstlerInnen wie Franz Marc, Bertolt Brecht und Wassily Kandinsky) oder sogar hier gewohnt (unter anderem Franz Josef Strauß, der seinem Vater immer Bier aus dem Schellingsalon holte).

 

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Sowieso ist der Schellingsalon eine Sehenswürdigkeit für sich. Es wirkt, als wäre die Zeit dort stehengeblieben (kein Wunder, besteht er doch schon seit fast 140 Jahren). Mit seiner prächtigen, pistaziengrünen Fassade thront er gleich neben meiner Haltestelle. Gerne lasse ich meinen Blick beim Warten auf die Tram in eben jenen Salon schweifen, beobachte das rege Treiben aus Jung und Alt, Touristen, Stammgästen und Hipstern, die sich im friedlichen Nebeneinander beim Billardspiel an einem der zahlreichen Tische vergnügen. Es ist eine entspannte, ungezwungene Atmosphäre, wo sich ein jeder wohl und willkommen fühlt.

Natürlich war die Geschichte des Salons nicht immer so heiter, lag er doch ganz in der Nähe der damaligen NS-Zentrale und Hitler selbst verkehrte dort… bis er wegen Zechprellerei Hausverbot erteilt bekam. Doch auch richtige Künstler fühlten sich dort wohl und so wurde der Salon bald zum Treffpunkt der Münchner Bohème.

Noch heute verströmt das Lokal, dessen Einrichtung sich im Laufe der Zeit fast nicht verändert hat, einen gewissen Esprit und weltoffenen Charme, ohne sich selbst zu ernst zu nehmen.

Lustwandeln per Tram

Ich betrachte das ganze Geschehen im Schellingsalon meist nur von außen, da ich mich eigentlich immer auf dem Sprung zur Arbeit oder ins Münchner Nachtleben befinde. Dafür ist die Schellingstraße der ideale Ausgangspunkt, vorher noch kurz in die Sparkasse nebenan oder schnell noch einen Snack beim Supermarkt gegenüber geholt und schon tuckere ich mit der Tram Richtung Stachus oder Sendlinger Tor und stürze mich von dort aus ins Geschehen.

Auch wenn es oft etwas länger dauert als mit der U-Bahn, bevorzuge ich es mit der Tram zu fahren. Ist es doch viel schöner, während der Fahrt aus dem Fenster zu blicken und mich bei dem gemütlichen Tempo in andere Zeiten zu träumen… fast wie eine Art Kurzurlaub im alltäglichen Trubel.

Die Strecke, die von meiner Halte aus zum Sendlinger Tor führt, ist meiner Meinung nach eine der schönsten in ganz München. Vorbei an den Pinakotheken, der HFF, dem Obelisken am Karolinenplatz und zahlreichen anderen imposanten Gebäuden, lässt sich sogar ein Blick auf die ikonische Frauenkirche inklusive dem altehrwürdigen Künstlerhaus erhaschen.

Gemütlich gen Heimat tuckern

Mein Rückweg gestaltet sich meist genauso entspannt: Statt mich mit den anderen am Sendlinger Tor in die meist überfüllte U-Bahn zu quetschen, lasse ich mich in die blauen Tramsitze fallen und die Welt an mir vorbeiziehen.

In nicht mal zehn Minuten bin ich dann auch schon an meinem Ziel angekommen, flitze meist noch schnell in den sehr komfortabel gelegenen Supermarkt oder Drogeriemarkt und flaniere dann, ganz in Ruhe, gen Heimat.


Beitragsbild: © Natascha Krivenkos

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