Laura Dornheim
Aktuell, Stadt

Münchner Gesichter mit der neuen IT-Referentin Laura Dornheim

Anne Lenz

Die Wirtschaftsinformatikerin Laura Dornheim ist seit dem 1. September 2022 Chief Digital Officer (CDO) und leitet das Münchner IT-Referat. Das Referat verantwortet die gesamte städtische IT. Im Fokus der rund 1400 Mitarbeiter*innen liegt die Digitalisierung der Landeshauptstadt – von der Einführung einer E-Akte, über WLAN-Ausstattung der Bildungseinrichtungen, bis hin zu digitalen Behördengängen. Die Debatte um ihre Wahl war durchaus emotional. Es hieß, es hätte bessere Bewerber*innen gegeben. Die Vorwürfe: Sie hätte zu wenig Erfahrung und sie sei die Quotenfrau. Wir haben mit ihr gesprochen.

Wie wurde Ihr Interesse an IT-Themen geweckt und auf welchem Weg sind Sie zu Ihrer jetzigen Position gekommen? 

Ich hatte schon immer technisches Interesse, zerlegte als Kind meine erste Armbanduhr und so weiter. Aber so richtig ging das los, als meine Mutter mich bei einem HTML-Kurs an der Münchner Volkshochschule anmeldete.

Bis heute faszinieren mich die unendlichen Möglichkeiten des Digitalen. Heute kenne ich zwar genug Schattenseiten, aber ich glaube daran, dass das Digitale den Menschen sehr viel Positives bringen kann. Deswegen möchte ich es mitgestalten.

Den Job, den ich jetzt habe, hatte ich nie geplant. In meinem Leben gab es bisher den ständigen Versuch Technik, Politik, Wirtschaft und Feminismus zu kombinieren. Und dann gab es da plötzlich diese Stelle, die all diese Aspekte meines Lebenslaufes vereinte und das fühlte sich schon etwas nach Schicksal an.

Die Vergabe dieses Postens an Ihre Person wurde durchaus diskutiert. Ist die Diskussion berechtigt? 

Dass diskutiert wird, ist auf jeden Fall angemessen. Wir leben in einer Demokratie und da darf und soll es unterschiedliche Meinungen geben. Aber die Art und Weise, wie diskutiert wurde, finde ich nicht in Ordnung. Bekannte schilderten mir, dass das, was während und im Vorfeld meiner Wahl passierte, sie darin bestätigte nicht politisch aktiv zu werden. Und das ist das eigentliche Drama. Alle die daran teilgenommen haben, haben billigend in Kauf genommen demokratische Strukturen zu schädigen.

Was verstehen Sie unter digitaler Teilhabe und wie möchten Sie dieses Vorhaben erreichen?

Digitale Teilhabe ist natürlich ein riesiger Überbegriff. Ich verstehe das so, dass ich alle Neuerungen nutzen möchte, um möglichst alle Menschen mitzunehmen. Die bestehenden Ausschlüsse auf Geschlechter-Ebene, im Bezug auf ältere Menschen, Einkommensschwache und Leute, die noch nicht lange in München wohnen, müssen dringend entschärft werden. Wir möchten alle erreichen, die noch Berührungsängste oder keinen Zugang zum Digitalen haben. Dort müssen wir ansetzen und uns überlegen, wie wir die Digitalisierung nutzen können und alle Menschen, nicht nur als Konsument*innen sondern auch als Mitgestalter*innen, mitnehmen können.

„Wir möchten alle erreichen, die noch Berührungsängste oder keinen Zugang zum Digitalen haben. Dort müssen wir ansetzen und uns überlegen, wie wir die Digitalisierung nutzen können und alle Menschen, nicht nur als Konsument*innen sondern auch als Mitgestalter*innen, mitnehmen können.“

Für Menschen ohne Smartphone, Laptop etc. oder Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen erzeugt die Digitalisierung auch Hürden. Wo liegen die Vorteile der Digitalisierung und sind es genug, um die Separation von Wenigen in Kauf zu nehmen? 

Auch andere sozialstaatliche Prinzipien oder Projekte sind so, dass niemals 100% erreicht werden können. Das heißt nicht, dass man sie deswegen gar nicht angehen sollte. Natürlich werden sich Manche dem Digitalen nicht mehr öffnen, aber alle, die auch nur vages Interesse äußern, sollen niedrigschwellige Angebote bekommen.

Besonders wichtig sind Brückentechnologien, um Technik möglichst barrierefrei zu gestalten.

Ganz wichtig ist der Perspektivwandel. Es sollte grundsätzlich der Standard sein, dass wir Dinge so entwickeln, dass sie für alle zugänglich sind. Nicht, dass wir uns denken ‚Oh Mensch, jetzt müssen wir für diese 5% noch so einen Aufwand betreiben.‘, sondern der Anspruch, dass Verwaltung wirklich allen Menschen gerecht wird.

Es sollte grundsätzlich der Standard sein, dass wir Dinge so entwickeln, dass sie für alle zugänglich sind.

Sie sind Dr. der Gender Studies. Wie möchten Sie Ihre Kenntnisse aus diesem Gebiet mit Ihren Aufgaben als IT-Referentin verbinden? 

Mein Fokus auf digitale Teilhabe hat bestimmt damit zu tun, dass ich mich ausführlich mit der Frage beschäftigt habe ‚Was gibt es für gesellschaftliche Strukturen, die gewisse Gruppen benachteiligen oder ausschließen?‘.

Ich habe das im Bezug auf das Geschlechterverhältnis untersucht, aber da gibt es den Verweis darauf, wie Machtstrukturen konstruiert oder rekonstruiert werden können und wie man Inklusion herstellen kann. 

Ich habe mir oft die Frage gestellt, wie ich in meinem nächsten Bewerbungsgespräch erkläre, wo der rote Faden ist? Aber mittlerweile sehe ich die Abwechslung in meinem Lebenslauf als Gewinn. Ich hab das technische Verständnis: ich weiß wie diese Prozesse funktionieren, ich habe grundlegende Programmierfähigkeiten und kann also wirklich mit den Leuten reden. Ich verfüge aber auch über diesen anderen Blick, um mir anzuschauen, ob unser Tun auch im Sinne der Bürger*innen ist. 

Nun noch einmal weg von der Politik und ran an die (wirklich) wichtigen Fragen: 

Weißwurst oder Leberkas?

Ich habe neulich gelesen, dass es jetzt vegane Weißwurst gibt, die würde ich gerne ausprobieren.

Worüber fluchen Sie am häufigsten in München?

Autos.

Und was läuft doch irgendwie ganz gut?

Das Internet.

Ihr bayerisches Lieblingssprichwort?

Schau ma moi, dann seng mas scho!

Das macht Sie zur Münchnerin:

In der Schmalznudel erkannt zu werden!

Geht immer?

Schmalznudel!

Wo findet man Sie?

Natürlich im IT-Rathaus.

Ihr Lieblings- Insta- oder Twitteraccount?

Der Account meiner Schwester: lenarogl

Vielen Dank, Frau Dornheim!


Beitragsbild: © Laura Dornheim

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