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Pussy Riot in den Kammerspielen: eine Geschichte von Wagemut und Widerstand
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Marija Aljochina trägt ein weißes Kleid als sie mit Sturmhaube die Bühne betritt. Der Raum ist erfüllt von Lärm, grellem Licht und Nebel. Olga Bordisova, Anton Ponomarev und Diana Burkot stehen neben ihr und werden an diesem Abend den Münchner Kammerspielen ihre Geschichte erzählen.
Wer ist Pussy Riot?
Pussy Riot wehrt sich seit Jahren gegen Putins Politik, gegen das Patriarchat, gegen Hierarchien. Die Punkrock-Band aus Moskau gelangte 2012 mit ihrem Punk-Gebet in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale ins Licht der Öffentlichkeit. Nadeschda Tolokonnikowa, Marija Aljochina und Jekaterina Samuzewitsch, drei Mitglieder des losen Kollektivs, wurden in Folge der Protestaktion festgenommen. Mitgründerin Marija Aljochina wurde zu knapp zwei Jahren Straflager verurteilt und war aufgrund ihres politischen Aktivismus mehrere Male im Gefängnis und stand unter Hausarrest.
Dem letzten Hausarrest konnte sie verkleidet als Essenslieferantin entkommen und sammelt nun auf Europa-Tour Spenden für die Ukraine. Dabei möchte sie keineswegs von einer „Flucht” aus Russland sprechen. In einiger Zeit möchte Sie wieder nach Russland zurückkehren und ihre politische und künstlerische Arbeit dort fortsetzen. Bis dahin erhebt das Kollektiv seine Stimme von außerhalb. Die Kammerspiele waren am Dienstagabend ausverkauft. Jeder möchte hören, was die russischen Aktivist*innen zu sagen haben.
Kunst gegen Krieg und Oppression
Die bunten Sturmhauben, die Pussy Riot auch schon beim Punk-Gebet in Moskau trugen, vervollständigen die Szene im Münchner Schauspielhaus. Laute elektronische Musik, Schlagzeug und Saxophon tauchen den Saal in eine dystopische Atmosphäre. Mit hartem Sprechgesang berichten die vier Künstler*innen von ihrem Kampf gegen das politische System Russlands, basierend auf Marija Aljochinas Buch. Auf der Leinwand hinter ihnen zeigen sie Szenen der Gerichtsverhandlungen, der ersten medienwirksamen Aktion auf dem Roten Platz, der Straflager, der Planung der Aktionen und schlussendlich des Kriegs in der Ukraine. Ihre Kritik an Putin ist allgegenwärtig.
Es geht weiter
Die Besucher*innen der Performance schmückten den Vorstellungssaal mit Ukraine-Flaggen und Pappaufstellern des russischen Machthabers. Die Schilderungen der Aktivist*innen sind schockierend, handeln von der Ungerechtigkeit und Brutalität des russischen Regimes, jedoch wirkt Pussy Riot weder erschöpft, noch entmutigt. Im Gegenteil: Ein aggressiver, bestimmter Ton durchzieht die Performance. Der Wille gehört zu werden und denjenigen, denen es nicht möglich ist, eine Stimme zu geben.
Gegen Ende erinnern die Künstler*innen an jene politische Aktivist*innen, die das russische System bereits zum Schweigen gebracht hat und nun in Russlands Gefängnissen sitzen.
Das Publikum dankt den Aktivist*innen mit Standing Ovations. Pussy Riot verlässt die Kammerspiele mit einem Appell: der Handlungsanweisung, nicht wegzusehen, für die Opfer von Unterdrückung einzustehen und vor allem Mut zu zeigen.
Bilder: © Enid Valu, Pussy Riot