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„Ich kann euch alle haben“ – Ne, du kannst mich mal

Christina Winkler

Wir haben da zufällig was entdeckt, und zwar das Buch „Ich kann euch alle haben“ von Matthias Pröhm: ein gehypter Rhetoriktrainer, Redner und offensichtlich ein Autor. Wieso wir jetzt (erst) auf dieses  Werk aufmerksam wurden? Weil wir bei Google nach der Roten Sonne gesucht haben und da war sie: die traurige Wahrheit. Die Webseite des Autors erscheint gleich unter der offiziellen Seite des Clubs, der Titel:

“Clubanalyse Flirtfaktor Rote Sonne | Matthias Pöhm – München”

Da ist die Rote Sonne auf Platz Nummer 20 der besten Verführungsclubs in München, die Pröhm analysiert. Und er muss es ja wissen, denn (s. oben) er kann sie alle haben.

Wen wundert hier noch ein hoher Zicken-Faktor…

Um ehrlich zu sein, weiß ich gerade nicht, wo ich anfangen soll. Empört es mich mehr, dass jemand derart kategorisch denkt, dies öffentlich kund tut und Frauen damit in ein Raster presst und sie so wortwörtlich damit abstempelt? Oder ist es erschreckender, dass sich offensichtlich derart viele Menschen dafür interessieren?

In Kategorien wie Hottie-, Zicken-, Aufreiß-Faktor oder Männerüberschuss werden die Münchner Clubs bewertet. An der Spitze steht das Call me Drella, hier laufen haufenweise “Hingucker” rum und das Beste daran: sie seien auch noch zugänglich! Danke und Ciao.

Eigentlich sollte man drüber hinwegsehen und dem Ganzen keine Aufmerksam schenken, aber an der Oberfläche kratzt es dann doch. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ach wobei, es werden ja die Rückzugsorte in den Clubs bewertet, vielleicht kann man da mal reden und sich kennenlernen (haha).

Zeit für eine Metamorphose: Weg von der Hülle

Dass Frauen viel zu häufig auf ihren Körper reduziert werden, ist Gegenstand vieler gerade auch aktueller Diskussionen – Stichwort: #Metoo. Die britische Journalistin Laurie Penny nennt eines ihrer feministischen Werke unter anderem “Fleischmarkt” –  darin finden sich harte, aber teils treffende Zeilen. Betreffende Zeilen. Wer sieht sich schon freiwillig als „Milchbar auf zwei Beinen“?! Dieses Stereotyp nimmt beispielsweise das Münchner Label Adieu Cliché (ehemals Womom) auf und dreht es um, zum Beispiel mit ihren Shirts mit dem ironischen Aufdruck “Milk”.

Immerhin gibt es eine Art Widerstand in Zeiten der Pick-Up-Artists, denen Pröhm wohl gesonnen sein sollte. Als Hintergund-Info: Vor ein paar Jahren bildeten sich “Profi”-Aufreisser-Gruppen, die sich gemeinsam auf Streifzug begeben und ihre (sexuellen) Erfolgschancen bei Frauen steigern wollten, indem sie sich über Anmachsprüche und Körpersprache austauschen und perfide Taktiken entwickelten.

Wenn das Passiv aktiv wird

Das dient ja nur dem Wunsch, die „Art“ zu erhalten, würde Sigmund Freud sagen. Eben ein Primärtrieb, was bedeuten könnte, dass Pröhms Analyse nur eine Aufführung von in ihm verankerten Strukturen ist. Kann sein, aber die selbstantrainierte Selbstüberzeugung hat ihn während dem Schreiben wohl vergessen lassen, dass es so etwas wie Respekt gibt. Denn klar sollte ja wohl auch sein: Dass wir nicht mehr im Mittleralter leben. Dass binäre Gedankenstrukturen (Mann/ Frau, passiv/ aktiv) aufgebrochen werden können. Dass Frauen nicht nur passiv sind.

Und nur nebenbei, Herr Pröhm: Frauen, die wie ein Objekt in bestimmte Kategorien gesetzt werden, hat Simone de Beauvoir schon in ihrem Hauptwerk „Das andere Geschlecht“ problematisiert – und dieses erschien 1949.

Sollten wir darüber nicht langsam hinaus sein?


Beitragsbild: © Pexels, CC0 License

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