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Was ist da nur los im Englischen Garten?

Aus den vielen vereinzelten Gruppierungen formt sich innerhalb weniger Sekunden ein Menschenstrom, wie eine Herde getriebener Tiere scheinen plötzlich nur noch alle ein Ziel vor Augen zu haben: Das ist was los, schnell hin! Flaschen fliegen durch die Luft, alkoholisierte Jugendliche grölen und jubeln aufgedreht. „Hör auf zu filmen, hier, wirf auch!“ Dazwischen einige verwirrte Grüppchen, die unschlüssig auf der Monopteros-Wiese stehen. Und Müll. Eine Menge Müll. 

Jugendliche vs. Polizei

Was letzten Endes der Auslöser war, weshalb es am vergangenen Samstag (8.5.) zur Auseinandersetzung zwischen den Jugendlichen und der Polizei kam, erfahre ich selbst erst am folgenden Tag aus verschiedenen Lokalzeitungen. Ein Jugendlicher soll ein jüngeres Mädchen sexuell belästigt haben, es kommt zum Streit zwischen zwei Gruppen. Die anwesende Polizei schreitet ein, viele der anderen Jugendlichen, die das schöne Wetter im Englischen Garten mit Bier und Musikboxen begrüßten, fühlten sich ebenfalls dazu berufen, einzugreifen. Der designierte Gegner: Die Polizei, mit gelben Warnwesten, Schlagstöcken und FFP2-Masken ausgestattet, zieht sich daraufhin unter fliegenden Flaschen und Steinen zurück. 

Ach, der Englische Garten

Augenzeugen sollen berichtet haben, die Polizei hätte mit übermäßiger Gewalt reagiert. Das kann ich weder bestätigen noch verneinen, ich kann es mir vorstellen, die Ausnahme würde hier wohl die Regel bestätigen. Als Mensch, der der Polizei aus vielfach gegebenen Anlässen extrem kritisch gegenüber steht, fiel mir den ganzen Tag über vor allem das friedliche, kooperative Auftreten der Ordnungshüter auf. Das endgültige Ende des Winters zieht sich schon viel zu lange und wir haben alle zu viel Zeit in unseren Wohnungen verbracht. Die Jugendlichen wollen raus, verständlich. Ihre Freunde sehen, Spaß haben.

Auch ich bin diesen Samstagnachmittag irgendwie im Englischen Garten gelandet, trotz Naserümpfen: Meinen Besuch in der alten Heimat unter besoffenen Teenagern zu verbringen war nicht das Ziel. Aber ach, der Englische Garten. 

Tatsächlich wurden meine Erwartungen übertroffen. Es scheint, als hätte sich die gesamte Münchner Jugend im Alter zwischen 12 und 18 Jahren auf der Wiese um den Eisbach versammelt. Mal in kleineren, mal in größeren Grüppchen. Nur die wirklich großen Gruppierungen wurden angewiesen, sich doch bitte weiter auseinander zu setzten. Weitaus öfters hingegen sah man Minderjährige widerwillig ihre Alkoholvorräte abgeben, am Wegrand wurden unter trotzigen Blicken Personalien aufgenommen. 

So schnell wie der Trubel begann, so schnell verfliegt er auch wieder. Es war ohnehin längst frisch geworden, viele waren bereits in Aufbruchstimmung. Andere suchten nun überstürzt das Weite, es lag eine beklemmende Stimmung in der Luft.

Was bleibt?

Was genau überhaupt passiert ist, haben vermutlich die wenigsten mitbekommen. Der Englische Garten leert sich, was bleibt, sind Bierflaschen, Dosen und Plastiktüten, die sich wie eine weiße Tau-Schicht über die mittlerweile im Schatten liegende Wiese ziehen. Ich gehe mit einem schlechten Gefühl und wünsche mir den Englischen Garten zurück, wie ich ihn in Erinnerung hatte. 


Beitragsbild: © Ignacio Brosa via Unsplash

Giulia Gangl
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